Gedanken / Diskussion - Auf die Gefahr hin dass es länger dauern wird...
Verfasst: Di 19. Okt 2021, 20:36
Hallo,
ich möchte hier gerne mal ein paar Sachen zusammentragen die mich beschäftigen und über die ich mich in regelmäßigen Abständen aufrege. Es geht um Begriffe die man (also auch ich) teilweise völlig unreflektiert (und manchmal falsch) benutzt - manchmal im "schnellen" Gespräch einem herausrutschen und die wie ich finde man mal näher erläutern sollte. Ihr könnt gerne weitere Begriffe und Beschreibungen die euch einfallen hinzufügen. Zu ein paar Begriffen habe ich schon etwas niedergeschrieben, zu anderen wurde andernorts schon etwas verfasst und die Debatte dürfte soweit bekannt sein. Dass das alles mit dem Hobby / Technik / Handwerk zu tun hat ist selbstredend. Vielen Dank für euer Interesse und dem Willen sich mit dem Thema ernsthaft auseinander setzen zu wollen. Bleibt fair in der Diskussion, ich versuche es auch (und bin mir auch bewusst nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben). Für Anregungen bin ich dankbar.
1. Begriffe:
a) "Beiwagen" / D.R.P. Nr. 511173
b) "original"
c) Restaurierung/Restauration
2. Redewendungen:
a) "Loch" bohren
b) ein Motorenteil "verbauen"
3. historische Fehleinschätzungen und sich daraus ableitende Irrtümer / s.g. Erklärungen
a) "MZ Seitenwagen"
b) "Stoye 1 und 2" Seitenwagen
c) MZ 125/3 als RT 125 "Kopie" der Ingolstädter Auto Union GmbH (!) DKW RT 125 / Vier Ringe=Audi Komplex: Auto Union A.G. Chemnitz DKW RT 125 erstes Baujahr "1939" / DKW RT 125 n.A. (1943-1945) angeblich DKW RT 125-1
Viel Spass!
---------------------------------------------
1. a) Das Wort "Beiwagen" ist politisch und historisch höchst belastet, meiner Auffassung nach ist Seitenwagen die treffenste und wertneutralere Bezeichnung von beiden! In den 1920/1930ern werden in deutschsprachigen Werbeblättern und -anzeigen sehr ausgewogen noch beide Begriffe parallel nebeneinander benutzt. International dominiert hingegen das englische Lehnwort für Seitenwagen (sidecar) in den verschiedenen Einzelsprachen (so z.B. sajdkar im Tschechischen). Bei einer oberflächlichen Recherche zu den Begriffen kommt man nicht umhin festzustellen, dass in Verkaufsanzeigen oder anderen Internetseiten der Jetztzeit "Seitenwagen" häufiger Verwendung findet als "Beiwagen", so mein Eindruck. Dass der Heereseinheitsseitenwagen ab 1938 die Bezeichnung BW (also für Beiwagen) hatte und dass wegen des geplanten Krieges dann keine zivilen Seitenwagen in so großer Stückzahl mehr nötig waren sollte einem gerade als Deutsche_r zu denken geben, nicht wenige deutsche Seitenwagenhersteller stellten in den 1940ern auf alleinige Rüstung um, der Krieg wurde auch mit deutschen "Beiwagen" an die Front getragen, Millionen Menschen sinnlos ermordet. Kein Zivilist konnte spätestens nach Ausbruch des Krieges zivil mit Motorrädern, Autos oder Gespannen herumfahren. Man benötigte eine Reifenkarte bzw. einen Reifenbezugsschein (u.a. bei Neubeschaffungen von Reifen; geregelt durch die neue Verbrauchsregelungs-Strafverordnung [VRStVO] §3 "Zweckwidriger Verbrauch gewerblicher Erzeugnisse") sowie für Kraftstoffe laut Anordnung Nr. 35 der Reichsstelle für Mineralöl vom 16. Mai 1940 (DR Anzeiger Nr.112) eine Tankausweiskarte oder einen Mineralölbezugsschein. Dass man mit Kriegsbeginn seine Kfz abzugeben hatte bzw. dazu verpflichtet wurde damit an die Front zu fahren führte zu den allseits bekannten Umstand, dass Fahrzeuge versteckt (Thema "Scheunenfunde/eingemauerte Fahrzeuge) oder sogar absichtlich zerstört wurden um einer Enteignung zu entgehen. Siehe zur Begriffsunterscheidung Seitenwagen/Beiwagen auch meine Ausführungen hier: https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ und hier https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ sowie den Leserbrief an die Redaktion abgedruckt in Motorrad-Gespanne-Zeitschrift Nr. 184 (7/8 2021), welcher leider nur unzureichend und ausweichend beantwortet wurde.
Was mich auch stört ist, dass für das von Stoye patentierte Anschlusssystem wechselhaft die abenteuerlichsten Bezeichnungen neu erfunden werden. Es heißt D.R.P. (Deutsches Reichspatent) Nr. 511173 Kugelschnellanschluss vom 28.7.1929 und nicht "Kugelmaul" oder wie auch immer! Nicht wenige Motorradzeitschriften im deutschsprachigen Raum kolportieren in aller Regelmäßigkeit diesen Unsinn, wo ein technischer Fachterminus seit fast hundert Jahren besteht.
Quellen:
Dr. Hans Frank: Deutsches Recht Wochenausgabe. Zentralorgan des NS Rechtswahrerbundes. Heft 4 Seite 97 - 144). 12. Jg. 24.1.1942. Ausgabe A. Deutscher Rechtsverlag G.m.b.H. Berlin W 35 Leipzig C1 Wien Postversandort Leipzig. Zitierweise: DR. 1940, 538 (=Deutsches Recht, Wochenausgabe). Online: https://pbc.gda.pl/Content/79418/Nr_004.pdf
b) ...später...
c) ...später...
2. a) Ein Loch kann man in der Hose oder dem Geldbeutel haben. Mechanisch korrekt heißt es "eine Bohrung setzen". Wer "Loch bohren" sagt meint auch Dellen (eingedrücktes Blech im Autokleid oder bei einem Tank) wenn wer von "Beulen" redet. Merke: Beule=Anhebung. Angeschwollene Stelle am Kopf.
b) Wenn man etwas "verbaut", stellt man es zu, macht es unzugänglich. Siehe hierzu die wunderbare und sehr gelungene Auseinandersetzung im Barkas wiki unter: http://www.barkas.de/Forum/index.html [Barkas wiki] [weiter unter: Verbaut_Verbauen_Begriffsklärung]. Ein Teil in ein Kfz einbauen wäre die richtige Bezeichnung.
3. a) MZ hat nie selbst Seitenwagen gebaut! Stoye Fahrzeugbau (Walter Stoye und Johannes Mittenzwei) wurden in den 1960er Jahren Stück für Stück aus ihrem Betrieb hinausgedrängt (Johannes Mittenzwei verließ die DDR im Juli 1970), an anderer Stelle scheut man im aktuellen politischen Diskurs auch nicht den Terminus Enteignung und genau darum handelte es sich hierbei! Aus meinem Text https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ "Ab dem 1.7.1962 wurde die staatliche Beteiligung durch das VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson in Höhe von 100.000 DM, welche am 1.10.1963 auf 130.000 DM erhöht wurde, immer wirkungsmächtiger und Walter Stoye schlussendlich immer mehr aus seinem eigenen Unternehmen gedrängt. Am 1.1.1967 wurde er schließlich von der Geschäftsleitung ausgeschlossen und das Werk ab dem 1.1.1972 durch den erzgebirgischen Motorradhersteller MZ übernommen. Die Bezeichnung lautete von da an im Zusatz MZ Werk IV. Es folgte desweiteren die Fertigung von Ersatzteilen und Baugruppen für MZ. Doch dies erlebte Walter Stoye nicht mehr, da er bereits am 10.5.1970 mit 76 Jahren verstarb". Nicht wenige reden genau deshalb stets von MZ Seitenwagen, meinen jedoch den bis zum Schluss nach 1990 gebauten Stoye Superelastik II (mit "k" und nicht mit "c"! Siehe dazu: Kät(h)e und Johannes Mittenzwei: Erinnerungen eines alten Motorradfahrers sowie Betriebsanleitung MZ-Superelastik-Seitenwagen für das Motorrad MZ ETZ 250 vom 25.7.1981 und ETL Superelastik-Seitenwagen TS 250/1 und ETZ 250 Ausgabe 1984 IFA mobile DDR) der noch eine Konstruktion von Walter Stoye aus den 1960ern war. Ich finde diese sprachliche Ungenauigkeit wird dem Genie, welches hinter den Konstruktionen stand nicht gerecht und verzerrt allgemein das Geschichtsbild, dass manche von der DDR haben. Hier wurde ein seit 1920 tätiger Betrieb enteignet und dem staatlichen VEB Motorradwerk Zschopau durch üble Methoden angegliedert. Die 1981er Betriebsanleitung endet auf Seite 20 mit folgendem Satz: "Direktbezug von Ersatzteilen vom VEB Motorradwerk Zschopau ist in keinem Falle möglich". Warum wohl?
b) Es gab nie einen s.g. "Stoye 1 und 2". Falls ja fordere ich hiermit Belege für diese Bezeichnungen! Was es gab hat Erhard Werner in seinem AWO Buch (dritte Auflage 2006) dokumentiert: Sprengzeichnungen für die AWO Seitenwagen belegen die Existenz der Modelle TM (Tourenmodell) und SM (Sportmodell ohne Kofferraum), welche es auch in Luxusausführung ("L") gab. Für die AWO S mit Langschwinge hinten gab es dann den gedämpften Elastik Seitenwagen mit gezogener Seitenwagenschwinge und Drehstab, meistens mit TM Boot. Was wohl mit "1" und "2" gemeint ist, ist die entweder schmale (SM) oder breitere Bootsform (TM) des Stoye Seitenwagens.
c) Die erste DKW RT 125 (Auto Union A.G. Chemnitz) wurde zur Leipziger Frühjahrsmesse im Jahr 1940 vorgestellt. Bereits zwei Jahre zuvor gab Versuchsmodelle, die sogar bei motorsportlichen Veranstaltungen mitgefahren sein sollen (125er Motor im Rahmen der RT 3 PS). Entgegen meinem Avatar hier im Forum gab es 1939 noch keine serienfertige 125er DKW RT. Das Bild stammt aus einem DDR Quartett (Geschichte des Motorrades Verlag für Lehrmittel Pössneck 7/1987) und enthält darüber hinaus sogar noch das falsche Auto Union Signet, nämlich das der Ingolstädter Auto Union GmbH DKW RT 125 aus den 1950er Jahren mit geschwungenen Auto Union Ringen. Was die ganze Sache darüber hinaus noch verwirrend macht ist das Buch zum Thema DKW welches 2007 von Frank Rönicke veröffentlicht wurde: Typenkompass DKW. Hier wird zwar ansatzweise auf die Zschopauer Geschichte eingegangen jedoch leider nicht getrennt voneinander behandelt, dass es sich bei der Auto Union A.G. Chemnitz (zu der DKW gehörte) um ein ganz anderes Unternehmen handelt als um die Ingolstädter GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg (ohne Horch und Wanderer). Auf Seite 81 wird von einer DKW RT 125-1 gesprochen. Das ist falsch und dafür gibt es auch keinerlei Belege. Die militärische Variante der DKW RT 125 hieß neue Ausführung (n.A.). Siehe dazu auch https://ifem.at/2011/01/dkwrt125/
Es muss und musste daher der Eindruck entstehen, dass es sich dabei um ein und dieselbe Firma handelt(e). Dem ist nicht so. In Zschopau gründete Jörge Skafte Rasmussen die Firma DKW in den 1920ern und dort wurde sie nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg auch demontiert. In Ingolstädt nach dem Zweiten Weltkrieg demontierte man hingegen lediglich eine von einem Händler nicht verkaufte DKW RT 125 aus den 1940er Jahren und fertigte schließlich nachdem man alles ausgemessen hatte diese ursprüngliche DKW RT 125 mit leichten Änderungen (längere Schutzbleche, größerer Tank, andere Sattelfederung und Lenkerhalterung) nach. Die Gesenkteile die vor Kriegsende noch in metallverarbeitenden Betrieben des Erzgebirges hergestellt wurden kamen nun von in den westdeutschen alliierten Zonen gelegenen Betrieben, die Bremsschilder waren von Pränafa (Präzisionsnabenfabrik Gräfrath bei Solingen) und nicht aus Zöblitz (MZAG /Metallwerke Zöblitz AG) wie vor 1945. Jedem_r der_die solche Teile schon mal in den Händen hielt müssen die unterschiedlichen Beschriftungen der Teile ins Auge fallen. Die Zschopauer Motorräder IFA DKW RT 125, sowie MZ RT 125/1 und /2 sowie die Motorräder MZ 125/3 und MZ 125/4, welche aus Zschopau stammen sind keine Kopien der DKW RT 125 von 1940 sondern ihre legitimen Nachfolgerinnen am historischen Standort gefertigt durch den Nachfolgebetrieb VEB Motorradwerk Zschopau. Wenn man im Kontext DKW RT 125 von Kopien sprechen mag dann von der in Ingolstadt von der Auto Union GmbH gefertigten DKW RT 125 mit Trapezgabel sowie ihren Nachfolgerinnen mit Telegabel und Hinterradfederung sowie den zahlreichen weiteren 125er Nachempfindungen durch Harley Davidson, BSA, Yamaha und den in Polen und der Sowjetunion gefertigten Nachkriegsproduktionen. Wobei man hier auch zugeben muss, dass die erste in der Sowjetunion gefertigte RT Kopie die Beste aller gebauten 125er gewesen ist, da sie erstens teilweise mit Original Zschopauer Teilen und zweitens auf den ursprünglichen Maschinen aus Zschopau gefertigt wurde.
Nicht unerwähnt soll in dem Kontext auch die unrühmliche Vorstellung jüngerer Generationen erwähnt sein, demnach die Vier Ringe etwas mit Audi zu tun haben sollen. Mit nichten bzw. lediglich zu einem Viertel! Die Vier Ringe tragende Auto Union AG aus Chemnitz (entstanden im Juni 1932) setzte sich wie die meisten wissen dürften aus den Kraftfahrzeugherstellern Audi, Horch, DKW und Wanderer zusammen. Das sich die Auto Union GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg die Vier Ringe als Markensignet geschnappt hat um an den Erfolg der Weltmarken Wanderer und Horch der 1930er Jahren anzuknüpfen ist leider traurige wie reale Tatsache. Für mich stehen die Vier Ringe für sächsische Fahrzeugtradition und nicht für Ingolstädter (bzw. Düsseldorfer/Neckarsulmer) Nachempfindungen.
Das wärs als erstes...
F.
ich möchte hier gerne mal ein paar Sachen zusammentragen die mich beschäftigen und über die ich mich in regelmäßigen Abständen aufrege. Es geht um Begriffe die man (also auch ich) teilweise völlig unreflektiert (und manchmal falsch) benutzt - manchmal im "schnellen" Gespräch einem herausrutschen und die wie ich finde man mal näher erläutern sollte. Ihr könnt gerne weitere Begriffe und Beschreibungen die euch einfallen hinzufügen. Zu ein paar Begriffen habe ich schon etwas niedergeschrieben, zu anderen wurde andernorts schon etwas verfasst und die Debatte dürfte soweit bekannt sein. Dass das alles mit dem Hobby / Technik / Handwerk zu tun hat ist selbstredend. Vielen Dank für euer Interesse und dem Willen sich mit dem Thema ernsthaft auseinander setzen zu wollen. Bleibt fair in der Diskussion, ich versuche es auch (und bin mir auch bewusst nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben). Für Anregungen bin ich dankbar.
1. Begriffe:
a) "Beiwagen" / D.R.P. Nr. 511173
b) "original"
c) Restaurierung/Restauration
2. Redewendungen:
a) "Loch" bohren
b) ein Motorenteil "verbauen"
3. historische Fehleinschätzungen und sich daraus ableitende Irrtümer / s.g. Erklärungen
a) "MZ Seitenwagen"
b) "Stoye 1 und 2" Seitenwagen
c) MZ 125/3 als RT 125 "Kopie" der Ingolstädter Auto Union GmbH (!) DKW RT 125 / Vier Ringe=Audi Komplex: Auto Union A.G. Chemnitz DKW RT 125 erstes Baujahr "1939" / DKW RT 125 n.A. (1943-1945) angeblich DKW RT 125-1
Viel Spass!
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1. a) Das Wort "Beiwagen" ist politisch und historisch höchst belastet, meiner Auffassung nach ist Seitenwagen die treffenste und wertneutralere Bezeichnung von beiden! In den 1920/1930ern werden in deutschsprachigen Werbeblättern und -anzeigen sehr ausgewogen noch beide Begriffe parallel nebeneinander benutzt. International dominiert hingegen das englische Lehnwort für Seitenwagen (sidecar) in den verschiedenen Einzelsprachen (so z.B. sajdkar im Tschechischen). Bei einer oberflächlichen Recherche zu den Begriffen kommt man nicht umhin festzustellen, dass in Verkaufsanzeigen oder anderen Internetseiten der Jetztzeit "Seitenwagen" häufiger Verwendung findet als "Beiwagen", so mein Eindruck. Dass der Heereseinheitsseitenwagen ab 1938 die Bezeichnung BW (also für Beiwagen) hatte und dass wegen des geplanten Krieges dann keine zivilen Seitenwagen in so großer Stückzahl mehr nötig waren sollte einem gerade als Deutsche_r zu denken geben, nicht wenige deutsche Seitenwagenhersteller stellten in den 1940ern auf alleinige Rüstung um, der Krieg wurde auch mit deutschen "Beiwagen" an die Front getragen, Millionen Menschen sinnlos ermordet. Kein Zivilist konnte spätestens nach Ausbruch des Krieges zivil mit Motorrädern, Autos oder Gespannen herumfahren. Man benötigte eine Reifenkarte bzw. einen Reifenbezugsschein (u.a. bei Neubeschaffungen von Reifen; geregelt durch die neue Verbrauchsregelungs-Strafverordnung [VRStVO] §3 "Zweckwidriger Verbrauch gewerblicher Erzeugnisse") sowie für Kraftstoffe laut Anordnung Nr. 35 der Reichsstelle für Mineralöl vom 16. Mai 1940 (DR Anzeiger Nr.112) eine Tankausweiskarte oder einen Mineralölbezugsschein. Dass man mit Kriegsbeginn seine Kfz abzugeben hatte bzw. dazu verpflichtet wurde damit an die Front zu fahren führte zu den allseits bekannten Umstand, dass Fahrzeuge versteckt (Thema "Scheunenfunde/eingemauerte Fahrzeuge) oder sogar absichtlich zerstört wurden um einer Enteignung zu entgehen. Siehe zur Begriffsunterscheidung Seitenwagen/Beiwagen auch meine Ausführungen hier: https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ und hier https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ sowie den Leserbrief an die Redaktion abgedruckt in Motorrad-Gespanne-Zeitschrift Nr. 184 (7/8 2021), welcher leider nur unzureichend und ausweichend beantwortet wurde.
Was mich auch stört ist, dass für das von Stoye patentierte Anschlusssystem wechselhaft die abenteuerlichsten Bezeichnungen neu erfunden werden. Es heißt D.R.P. (Deutsches Reichspatent) Nr. 511173 Kugelschnellanschluss vom 28.7.1929 und nicht "Kugelmaul" oder wie auch immer! Nicht wenige Motorradzeitschriften im deutschsprachigen Raum kolportieren in aller Regelmäßigkeit diesen Unsinn, wo ein technischer Fachterminus seit fast hundert Jahren besteht.
Quellen:
Dr. Hans Frank: Deutsches Recht Wochenausgabe. Zentralorgan des NS Rechtswahrerbundes. Heft 4 Seite 97 - 144). 12. Jg. 24.1.1942. Ausgabe A. Deutscher Rechtsverlag G.m.b.H. Berlin W 35 Leipzig C1 Wien Postversandort Leipzig. Zitierweise: DR. 1940, 538 (=Deutsches Recht, Wochenausgabe). Online: https://pbc.gda.pl/Content/79418/Nr_004.pdf
b) ...später...
c) ...später...
2. a) Ein Loch kann man in der Hose oder dem Geldbeutel haben. Mechanisch korrekt heißt es "eine Bohrung setzen". Wer "Loch bohren" sagt meint auch Dellen (eingedrücktes Blech im Autokleid oder bei einem Tank) wenn wer von "Beulen" redet. Merke: Beule=Anhebung. Angeschwollene Stelle am Kopf.
b) Wenn man etwas "verbaut", stellt man es zu, macht es unzugänglich. Siehe hierzu die wunderbare und sehr gelungene Auseinandersetzung im Barkas wiki unter: http://www.barkas.de/Forum/index.html [Barkas wiki] [weiter unter: Verbaut_Verbauen_Begriffsklärung]. Ein Teil in ein Kfz einbauen wäre die richtige Bezeichnung.
3. a) MZ hat nie selbst Seitenwagen gebaut! Stoye Fahrzeugbau (Walter Stoye und Johannes Mittenzwei) wurden in den 1960er Jahren Stück für Stück aus ihrem Betrieb hinausgedrängt (Johannes Mittenzwei verließ die DDR im Juli 1970), an anderer Stelle scheut man im aktuellen politischen Diskurs auch nicht den Terminus Enteignung und genau darum handelte es sich hierbei! Aus meinem Text https://projekt-eindruck-le.de/industri ... itenwagen/ "Ab dem 1.7.1962 wurde die staatliche Beteiligung durch das VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson in Höhe von 100.000 DM, welche am 1.10.1963 auf 130.000 DM erhöht wurde, immer wirkungsmächtiger und Walter Stoye schlussendlich immer mehr aus seinem eigenen Unternehmen gedrängt. Am 1.1.1967 wurde er schließlich von der Geschäftsleitung ausgeschlossen und das Werk ab dem 1.1.1972 durch den erzgebirgischen Motorradhersteller MZ übernommen. Die Bezeichnung lautete von da an im Zusatz MZ Werk IV. Es folgte desweiteren die Fertigung von Ersatzteilen und Baugruppen für MZ. Doch dies erlebte Walter Stoye nicht mehr, da er bereits am 10.5.1970 mit 76 Jahren verstarb". Nicht wenige reden genau deshalb stets von MZ Seitenwagen, meinen jedoch den bis zum Schluss nach 1990 gebauten Stoye Superelastik II (mit "k" und nicht mit "c"! Siehe dazu: Kät(h)e und Johannes Mittenzwei: Erinnerungen eines alten Motorradfahrers sowie Betriebsanleitung MZ-Superelastik-Seitenwagen für das Motorrad MZ ETZ 250 vom 25.7.1981 und ETL Superelastik-Seitenwagen TS 250/1 und ETZ 250 Ausgabe 1984 IFA mobile DDR) der noch eine Konstruktion von Walter Stoye aus den 1960ern war. Ich finde diese sprachliche Ungenauigkeit wird dem Genie, welches hinter den Konstruktionen stand nicht gerecht und verzerrt allgemein das Geschichtsbild, dass manche von der DDR haben. Hier wurde ein seit 1920 tätiger Betrieb enteignet und dem staatlichen VEB Motorradwerk Zschopau durch üble Methoden angegliedert. Die 1981er Betriebsanleitung endet auf Seite 20 mit folgendem Satz: "Direktbezug von Ersatzteilen vom VEB Motorradwerk Zschopau ist in keinem Falle möglich". Warum wohl?
b) Es gab nie einen s.g. "Stoye 1 und 2". Falls ja fordere ich hiermit Belege für diese Bezeichnungen! Was es gab hat Erhard Werner in seinem AWO Buch (dritte Auflage 2006) dokumentiert: Sprengzeichnungen für die AWO Seitenwagen belegen die Existenz der Modelle TM (Tourenmodell) und SM (Sportmodell ohne Kofferraum), welche es auch in Luxusausführung ("L") gab. Für die AWO S mit Langschwinge hinten gab es dann den gedämpften Elastik Seitenwagen mit gezogener Seitenwagenschwinge und Drehstab, meistens mit TM Boot. Was wohl mit "1" und "2" gemeint ist, ist die entweder schmale (SM) oder breitere Bootsform (TM) des Stoye Seitenwagens.
c) Die erste DKW RT 125 (Auto Union A.G. Chemnitz) wurde zur Leipziger Frühjahrsmesse im Jahr 1940 vorgestellt. Bereits zwei Jahre zuvor gab Versuchsmodelle, die sogar bei motorsportlichen Veranstaltungen mitgefahren sein sollen (125er Motor im Rahmen der RT 3 PS). Entgegen meinem Avatar hier im Forum gab es 1939 noch keine serienfertige 125er DKW RT. Das Bild stammt aus einem DDR Quartett (Geschichte des Motorrades Verlag für Lehrmittel Pössneck 7/1987) und enthält darüber hinaus sogar noch das falsche Auto Union Signet, nämlich das der Ingolstädter Auto Union GmbH DKW RT 125 aus den 1950er Jahren mit geschwungenen Auto Union Ringen. Was die ganze Sache darüber hinaus noch verwirrend macht ist das Buch zum Thema DKW welches 2007 von Frank Rönicke veröffentlicht wurde: Typenkompass DKW. Hier wird zwar ansatzweise auf die Zschopauer Geschichte eingegangen jedoch leider nicht getrennt voneinander behandelt, dass es sich bei der Auto Union A.G. Chemnitz (zu der DKW gehörte) um ein ganz anderes Unternehmen handelt als um die Ingolstädter GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg (ohne Horch und Wanderer). Auf Seite 81 wird von einer DKW RT 125-1 gesprochen. Das ist falsch und dafür gibt es auch keinerlei Belege. Die militärische Variante der DKW RT 125 hieß neue Ausführung (n.A.). Siehe dazu auch https://ifem.at/2011/01/dkwrt125/
Es muss und musste daher der Eindruck entstehen, dass es sich dabei um ein und dieselbe Firma handelt(e). Dem ist nicht so. In Zschopau gründete Jörge Skafte Rasmussen die Firma DKW in den 1920ern und dort wurde sie nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg auch demontiert. In Ingolstädt nach dem Zweiten Weltkrieg demontierte man hingegen lediglich eine von einem Händler nicht verkaufte DKW RT 125 aus den 1940er Jahren und fertigte schließlich nachdem man alles ausgemessen hatte diese ursprüngliche DKW RT 125 mit leichten Änderungen (längere Schutzbleche, größerer Tank, andere Sattelfederung und Lenkerhalterung) nach. Die Gesenkteile die vor Kriegsende noch in metallverarbeitenden Betrieben des Erzgebirges hergestellt wurden kamen nun von in den westdeutschen alliierten Zonen gelegenen Betrieben, die Bremsschilder waren von Pränafa (Präzisionsnabenfabrik Gräfrath bei Solingen) und nicht aus Zöblitz (MZAG /Metallwerke Zöblitz AG) wie vor 1945. Jedem_r der_die solche Teile schon mal in den Händen hielt müssen die unterschiedlichen Beschriftungen der Teile ins Auge fallen. Die Zschopauer Motorräder IFA DKW RT 125, sowie MZ RT 125/1 und /2 sowie die Motorräder MZ 125/3 und MZ 125/4, welche aus Zschopau stammen sind keine Kopien der DKW RT 125 von 1940 sondern ihre legitimen Nachfolgerinnen am historischen Standort gefertigt durch den Nachfolgebetrieb VEB Motorradwerk Zschopau. Wenn man im Kontext DKW RT 125 von Kopien sprechen mag dann von der in Ingolstadt von der Auto Union GmbH gefertigten DKW RT 125 mit Trapezgabel sowie ihren Nachfolgerinnen mit Telegabel und Hinterradfederung sowie den zahlreichen weiteren 125er Nachempfindungen durch Harley Davidson, BSA, Yamaha und den in Polen und der Sowjetunion gefertigten Nachkriegsproduktionen. Wobei man hier auch zugeben muss, dass die erste in der Sowjetunion gefertigte RT Kopie die Beste aller gebauten 125er gewesen ist, da sie erstens teilweise mit Original Zschopauer Teilen und zweitens auf den ursprünglichen Maschinen aus Zschopau gefertigt wurde.
Nicht unerwähnt soll in dem Kontext auch die unrühmliche Vorstellung jüngerer Generationen erwähnt sein, demnach die Vier Ringe etwas mit Audi zu tun haben sollen. Mit nichten bzw. lediglich zu einem Viertel! Die Vier Ringe tragende Auto Union AG aus Chemnitz (entstanden im Juni 1932) setzte sich wie die meisten wissen dürften aus den Kraftfahrzeugherstellern Audi, Horch, DKW und Wanderer zusammen. Das sich die Auto Union GmbH nach dem Zweiten Weltkrieg die Vier Ringe als Markensignet geschnappt hat um an den Erfolg der Weltmarken Wanderer und Horch der 1930er Jahren anzuknüpfen ist leider traurige wie reale Tatsache. Für mich stehen die Vier Ringe für sächsische Fahrzeugtradition und nicht für Ingolstädter (bzw. Düsseldorfer/Neckarsulmer) Nachempfindungen.
Das wärs als erstes...
F.